Rhein-Sieg-Kreis – Wie sich der Kreis Rheinbach gegen seine Auflösung wehrte und man behauptete, die Straßen im Landkreis Bonn seien nur mit denen in Russland und in den Karpaten vergleichbar

170305p
Das „Rheinbacher Volksblatt“ veröffentliche im August 1932 eine Karte zur Neuaufteilung der Kreise in der Region (Quelle: Stadt Rheinbach, Stadtarchiv).

Rhein-Sieg-Kreis / Rheinbach (NRW) – (hei) – Wer weiß heute noch, dass es vor der preußischen Verwaltungsreform 1932 über 116 Jahre lang einen eigenständigen Kreis Rheinbach, mit Rheinbach als Verwaltungssitz, gab? Er umfasste die damaligen Bürgermeistereien Adendorf, Kuchenheim, Münstereifel, Ollheim und Rheinbach.

Wie es dem Kreis und seinen Menschen in den letzten vierzehn Jahren seines Bestehens, also vom Ende des Ersten Weltkriegs über die Besatzungszeit durch britische und französische Truppen bis zu seiner Auflösung 1932 erging, können Interessierte im aktuellen Jahrbuch des Rhein-Sieg-Kreises 2017 „Aus 200 Jahren Kreisgeschichte“ nachlesen. Durch diese nicht einfachen Zeiten wurde der Kreis Rheinbach vom damaligen Landrat Dr. Fritz Knoll geführt.

Große Aufregung löste die Veröffentlichung der „Verordnung über die Neugliederung von Landkreisen“ des preußischen Staatsministeriums am 1. August 1932 aus. Ohne Vorankündigung und ohne Verhandlungen war diese Verwaltungsreform durchgesetzt worden. Vergeblich versuchte der Heimerzheimer Freiherr von Boeselager bei Reichskommissar von Papen zu intervenieren. Der damalige Rheinbacher Pfarrer, Dechant Bertram, notierte in der Pfarrchronik, dass Rheinbach wegen der Auflösung des Kreises eine „urbs mortua“ (sterbende Stadt) werde. Auch wurde behauptet, dass die Straßen im Landkreis Bonn, natürlich im Gegensatz zu denen im Kreis Rheinbach, nur mit denen in Russland und in den Karpaten vergleichbar seien.

Im Landkreis Bonn hingegen, der den Verlust der industriedominierten Gemeinde Wesseling hinnehmen musste, befürchtete man aufgrund der Zuschlagung landwirtschaftlich geprägter Gemeinden des ehemaligen Kreises Rheinbach, zukünftig „im Falle einer Agrarkrise schwersten Erschütterungen“ ausgesetzt zu sein. Die Zerschlagung der gewohnten Kreisstrukturen führte politisch zu einer Krise der örtlichen Zentrumspartei. Diese nutzten die im Kreistag sitzenden NSDAP-Vertreter aus, um Stimmung gegen das Zentrum zu betreiben und ihnen eine Hauptschuld an der Auflösung des Kreises Rheinbach zu geben.

„Letztendlich bedeutete die Kreisauflösung aber nicht den Untergang Rheinbachs, vielmehr eröffneten sich für die Stadt nach 1945 durch die Ansiedlung der böhmischen Glasindustrie und die Wahl Bonns zur Bundeshauptstadt neue, damals ungeahnte Perspektiven“, schreibt Dietmar Pertz, Archivar der Stadt Rheinbach, in seinem lesenswerten Beitrag „Der Kreis Rheinbach von der Besatzungszeit bis zu seiner Auflösung“ im Jahrbuch des Rhein-Sieg-Kreises.

Das Jahrbuch des Rhein-Sieg-Kreises, Jahrgang 2017 „Aus 200 Jahren Kreisgeschichte“ ist in der Edition Blattwelt von Reinhard Zado erschienen und im Buchhandel für 13,50 € erhältlich.
Nähere Informationen gibt es im Internet unter www.rhein-sieg-kreis.de/jahrbuch sowie beim Kultur- und Sportamt des Rhein-Sieg-Kreises unter der Rufnummer 02241 / 13-2766 oder per E-Mail an jahrbuch@rhein-sieg-kreis.de.

Übrigens: Das Thema für das Jahrbuch 2018 steht schon fest. Es wird unter historischen, kulturellen und auch aktuellen Blickwinkeln „Dorfgeschichten“ erzählen und sich dem Leben und dem Wandel in den Dörfern widmen, die nach wie vor weite Teile unseres Kreises prägen und die Keimzellen unserer städtischen Strukturen sind. Wer zu diesem Buch mit Texten und Bildern beitragen möchte, ist herzlich eingeladen, sich mit der Redaktion unter den angegebenen Kontaktdaten in Verbindung zu setzen.

—–

Text: Rhein-Sieg-Kreis
Pressestelle