Wirtschaft – Apotheker sehen pessimistischer in die Zukunft – Apothekenklima-Index zum Auftakt des Deutschen Apothekertages veröffentlicht

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Apothekenklima-Index zum Auftakt des Deutschen Apothekertages veröffentlicht / Pressekonferenz zum Auftakt des Deutschen Apothekertages 2017 in Düsseldorf (v. l. ABDA-Präsident Friedmann Schmidt, Mathias Arnold, Vizepräsident der ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände) – Foto: ABDA Bundesvgg. Dt. Apothekerverbände

Düsseldorf (NRW) – Die selbständigen Apotheker in Deutschland schätzen die Zukunft ihrer Branche und ihres eigenen Betriebs deutlich pessimistischer ein als noch vor einem Jahr. Vier von zehn Apothekern (40,9 Prozent) erwarten eine etwas oder deutlich schlechtere Entwicklung für ihre Apotheke in den kommenden zwei bis drei Jahren (Vorjahr: 28,0 Prozent). Für die gesamte Branche „Apotheken“ rechnen sogar fast zwei Drittel (64,4 Prozent) der Apothekeninhaber mit einer Verschlechterung in der nahen Zukunft (Vorjahr: 50,8 Prozent).

Dies sind Ergebnisse aus dem Apothekenklima-Index 2017, einer repräsentativen Meinungsumfrage von TNS infratest im Auftrag der ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände. Der Apothekenklima-Index, für den nach 2016 zum zweiten Mal 500 Apothekeninhaber im ganzen Bundesgebiet befragt wurden, wurde heute zum Auftakt des morgen beginnenden Deutschen Apothekertages in Düsseldorf vorgestellt.

Wesentlicher Grund für die Stimmungseintrübung ist das Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom Oktober 2016, wonach ausländische Versandhändler sich nicht mehr an die in der Arzneimittelpreisverordnung verankerten einheitlichen Preise für rezeptpflichtige Medikamente halten müssen. Damit entsteht für die Präsenzapotheken in Deutschland eine Schieflage im Wettbewerb. Mehr als die Hälfte der Apothekeninhaber (56,3 Prozent) geben an, dass sie nach dem EuGH-Urteil ihre Investitionen bremsen wollen.

Ein Drittel (33,9 Prozent) will sogar am Personal sparen. In kleineren Orten mit weniger als 5.000 Einwohnern wird der Umfrage zufolge auch die Ausbildung unter dem EuGH-Urteil leiden (32,7 Prozent). Vier von fünf Apothekern (80,3 Prozent) fordern von der neuen Bundesregierung als erste Maßnahme nach der Wahl, ein Verbot des Versandhandels mit rezeptpflichtigen Medikamenten zu beschließen. Planungssicherheit bzw. stabile ordnungspolitische Rahmenbedingungen werden als wichtigstes politisches Thema der kommenden zwei bis drei Jahre betrachtet (83,7 Prozent).

„Dass die Zahl der Apotheken in Deutschland bereits seit Jahren sinkt, ist bekannt. Wenn sich nun auch noch das Klima in den Apotheken innerhalb eines Jahres so massiv eintrübt, ist das umso mehr Grund zur Besorgnis. Schließlich wollen und müssen wir die gute Arzneimittelversorgung zwischen Usedom und Schwarzwald erhalten“, sagt ABDA-Präsident Friedemann Schmidt. „Wenn Apotheker nicht mehr investieren, ausbilden und Jobs schaffen, sollte die Politik das ernst nehmen und handeln.

Ein Verbot des Versandhandels mit rezeptpflichtigen Arzneimitteln ist die einzige europarechtlich und ordnungspolitisch saubere Lösung, um die aus dem EuGH-Urteil resultierende Schieflage zu heilen. Das Verbot würde die Gestaltungshoheit des Gesetzgebers über die Gesundheitspolitik wieder herstellen.“ Mit ihren ‚Kernpositionen zur Bundestagswahl 2017‘ hatten ABDA und Apothekerschaft sich bereits im Frühjahr dieses Jahres zu freiberuflicher Leistungserbringung, einer Stärkung der flächendeckenden Versorgung und einer Weiterentwicklung des Honorarsystems bekannt.

Wie die Politik zu ihren Positionen steht, ermitteln die Apotheker derzeit über die Initiative „Wahlradar Gesundheit“. Das Projekt zielt darauf ab, die Gesundheitspolitik auf die Tagesordnung des Bundestagswahlkampfes zu bringen und dabei die Patientenversorgung vor Ort ins Blickfeld zu rücken. Deshalb befragen lokale Apotheker in den 299 Bundestagswahlkreisen die bis zu 1.800 Direktkandidaten der sieben größten Parteien zu verschiedenen Aspekten der Gesundheitsversorgung. Deren Antworten werden ungekürzt auf der Webseite www.wahlradar-gesundheit.de für alle interessierten Bürger zugänglich gemacht. Auf einer Deutschlandkarte kann man die Antworten seiner Direktkandidaten suchen und vergleichen.

„Im Bundestagswahlkampf wird meist über die große politische Linie diskutiert. Der ganz konkrete Alltag der Menschen in Städten und Gemeinden wird dabei oft vergessen“, sagt ABDA-Vizepräsident Mathias Arnold. „Ob Hausarztpraxis, Facharzttermin, Klinikstandort, Pflegeheim oder Apothekennotdienst – die Gesundheitsversorgung vor Ort kennt ganz konkrete Herausforderungen, denen sich die Heilberufler, aber auch die Politiker stellen müssen.

Wer als Direktkandidat in den Bundestag einzieht und dort Beschlüsse zur Gesundheitspolitik fasst, sollte zuvor schon einmal mit einem Arzt oder Apotheker in seinem Wahlkreis gesprochen haben. Der ‚Wahlradar Gesundheit‘ ist ein Ausgangspunkt für diesen Dialog. Viele Kandidaten haben sich schon zurückgemeldet. Und wir erwarten, dass in den letzten Tagen vor der Wahl noch viele weitere dazu kommen.“

Zum Hintergrund: Vom 13. bis 15. September 2017 findet der Deutsche Apothekertag auf dem Messegelände in Düsseldorf statt. Mehr als 300 Delegierte aus jeweils 17 Apothekerkammern und -verbänden diskutieren und beschließen in der Hauptversammlung die zukünftigen Positionen ihres Berufsstandes. Zur Eröffnungsveranstaltung am 13. September, die auch per Livestream zu verfolgen ist, werden u.a. Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe und Gesundheitspolitiker aus den Bundestagsfraktionen erwartet. Am 14. September findet das Themenforum „Europa und die Gesundheitspolitik: Was war, was ist, was wird?“ statt.

Mehr Informationen unter www.abda.de und www.wahlradar-gesundheit.de

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