Mainz – Gesundheit: Rheinland-Pfälzer schlucken viele Pillen

Arzneimittelreport deckt hohes Einsparpotenzial durch Biosimilars auf

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Arzneimittelausgaben im Vergleich – Grafik: BARMER GEK Landesvertretung Rheinl.-Pfalz/Saarland

Mainz – In kaum einem anderen Bundesland gibt es mehr Menschen, die mindestens fünf Medikamente pro Jahr zu sich nehmen, als in Rheinland-Pfalz. Das zeigt der Arzneimittelreport der BARMER GEK. Er ist von Professor Daniel Grandt, Chefarzt der Klinik für Innere Medizin I des Klinikums Saarbrücken, erstellt worden. „Wenn Versicherten fünf oder mehr Arzneimittel in einem Jahr von ihren Ärzten verordnet werden, spricht man von Polypharmazie“, erklärt Dunja Kleis, Landesgeschäftsführerin der BARMER GEK in Rheinland-Pfalz und dem Saarland. Mehr von Polypharmazie Betroffene gibt es nur im Saarland und in Sachsen-Anhalt.

In Rheinland-Pfalz werden rund jedem Dritten (33 Prozent) mehr als fünf Arzneimittel im Jahr verordnet. „Polypharmazie bedeutet nicht zwangsläufig, dass eine unangemessene Übertherapie erfolgt. Viele Untersuchungen legen aber nahe, dass bei Patienten mit Polypharmazie teils Arzneimittel unnötig eingenommen werden“, erläutert Kleis. Dabei bestehe ein erhöhtes Risiko von Wechselwirkungen zwischen den Medikamenten. Patienten haben seit 1. Oktober 2016 Anspruch auf einen Medikationsplan, wenn sie mindestens drei zulasten der gesetzlichen Krankenkassen verordnete Medikamente gleichzeitig und dauerhaft einnehmen.

Rheinland-Pfalz schöpft Einsparpotenzial durch Biosimilars nicht aus

Der Arzneimittelreport zeigt zudem, dass die Arzneimittelausgaben der BARMER GEK in Rheinland-Pfalz pro Versichertem mit 484 Euro leicht unter dem Bundesdurchschnitt von 485 Euro liegen. In Rheinland-Pfalz sind die Ausgaben der Krankenkasse für Arzneimittel pro Versichertem in Pirmasens am höchsten (803 Euro) und in Trier am niedrigsten (410 Euro). Demografisch lassen sich die Unterschiede nicht erklären, denn die Daten wurden nach Geschlecht und Alter standardisiert.

Die Arzneimittelausgaben könnten sich allerdings besonders leicht in Rheinland-Pfalz senken lassen. Grund ist, dass Rheinland-Pfalz im bundesdeutschen Ländervergleich nur auf dem elften Platz beim Einsatz von Biosimilars liegt. Biosimilars sind Nachahmerprodukte von biotechnologisch hergestellten Arzneimitteln (Biologika). Biosimilars machen in Rheinland-Pfalz nur 40,8 Prozent aller verordneten biotechnologisch hergestellten Arzneimittel aus. Der Bundesdurchschnitt liegt bei 43,0 Prozent.

„Verordnungsquoten bei Biosimilars medizinisch nicht erklärbar”

„Allein bei der BARMER GEK in Rheinland-Pfalz hätten sich im Jahr 2015 durch die konsequente Verschreibung von Biosimilars rund 820.000 Euro an unnötigen Ausgaben verhindern lassen. Bei einer Therapie mit biotechnologisch hergestellten Arzneimitteln leidet die Versorgungsqualität nachweislich nicht“, sagt Kleis. Durch den konsequenten Einsatz von Biosimilars könnten in der gesetzlichen Krankenversicherung Mittel frei werden, die für andere innovative Medikamente nutzbar seien. Ein Biosimilar sei im Schnitt 25 Prozent günstiger als das Originalpräparat.

„Medizinisch lässt sich das unterdurchschnittliche Abschneiden von Rheinland-Pfalz im Vergleich mit den anderen Bundesländern bei den Verordnungsquoten von Biosimilars nicht erklären. Dass viele Ärzte Biosimilars nur selten verordnen, könnte an der Informationspolitik der Pharmahersteller liegen, die schwindende Umsätze bei ihren teureren Originalpräparaten befürchten“, sagt Kleis.

Umso mehr komme es auf die Kassenärztlichen Vereinigungen in den einzelnen Ländern an, noch stärker über Biosimilars zu informieren und mögliche Vorurteile aus der Welt zu räumen. Auffallend sei zudem, dass in Rheinland-Pfalz der Einsatz von Biosimilars zwischen 2010 und 2015 im Vergleich zu den anderen Bundesländern nur wenig zugenommen habe.

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Text: BARMER GEK Landesvertretung Rheinl.-Pfalz/Saarland
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