Niedersachsen – Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Niedersächsischen Versammlungsgesetzes

– ES GILT DAS GESPROCHENE WORT –

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Rede von Innenminister Boris Pistorius zu TOP 6

zum Gesetzentwurf der Landesregierung in der Sitzung des Niedersächsischen Landtages
am 5. April 2017

Sehr geehrter Herr Präsident,

sehr geehrte Damen und Herren,

das Spannungsfeld zwischen der Wahrung individueller Freiheitsrechte und dem Ausmaß der Sicherheitsbestimmungen und -vorkehrungen prägt aktuell viele innenpolitische Debatten. Es ist unsere Pflicht als Politikerinnen und Politiker, dass wir genau abwägen, wie wir die Sicherheit der Menschen gewährleisten können, ohne die Rechte des Einzelnen oder die Rechte von Minderheiten und einzelnen Bevölkerungsgruppen zu beschneiden. Das ist sehr häufig ein schmaler Grat.

Mit dem uns vorliegenden Entwurf zur Änderung des Nieder­sächsischen Versammlungsgesetzes werden wir dieser Herausforderung gerecht. Wir stärken das Versammlungsrecht der Bürgerinnen und Bürger, ohne dadurch die Einsatzkräfte und die Sicherheits- und Ordnungsbehörden in der Praxis vor Probleme zu stellen.

Nehmen wir die Änderung der Einstufung von Verstößen gegen das Vermummungsverbot, die kontrovers diskutiert wurde. Bei der Einstufung der Vermummung als Ordnungswidrigkeit ist keinesfalls beabsichtigt, eine Vermummung zu verharmlosen oder Strafen dafür herabzusetzen – denn die Ahndung einer unerlaubten Vermummung bleibt mit einem Bußgeld von bis zu 3.000 € auf dem Niveau einer vergleichbaren Geldstrafe. Unser Ziel ist es vielmehr, die Polizei in die Lage zu versetzen, eine eigene Abwägung zwischen Einschreiten und Deeskalieren vornehmen zu können und minderschwere Verstöße zum Zweck der Deeskalation nicht sofort ahnden zu müssen. Wir erweitern so durch das Opportunitätsprinzip im Ordnungswidrigkeitenrecht die Handlungs- und Entscheidungsmöglichkeiten der Polizei.

Des Weiteren bietet der Gesetzentwurf Erleichterungen für die Menschen, die Demonstrationen oder Kundgebungen anmelden möchten. Die Angabe der persönlichen Daten wird auf das Notwendige reduziert. Dazu zählt eine Erreichbarkeit oder eine Anschrift. Die Anmelderin oder der Anmelder erhält dabei im neuen Gesetz nun die Möglichkeit, die Büroadresse oder die Adresse eines Zweitwohnsitzes anzugeben. Die Grundlage dafür hat der Innenausschuss jüngst mit der Formulierung geschaffen, dass „eine für den Schriftverkehr mit der zuständigen Behörde geeignete An­schrift“ angegeben werden muss.Das ist gerade für jene Menschen hilfreich, die z. B. aus beruflichen Gründen selten zuhause sind.

Eine weitere Änderung im Gesetzentwurf ist die Aufhebung der Bannmeile rund um den Landtag. Ich hatte schon zuvor deutlich gemacht, dass ich durchaus Verständnis für die Bannmeilenregelung habe und man hier zu unterschiedlichen Bewertungen kommen kann. Ich bin mir aber sicher, dass die Funktionsfähigkeit des Landtages auch ohne eine Bannmeilenregelung hinreichend geschützt werden kann und zwar mit den allgemeinen versammlungsrechtlichen Instrumentarien. Seitdem wir im Übergangsplenarsaal tagen, dessen Haupteingangsbereich an der Marktkirche nicht von der bisherigen Bannmeilenregelung umfasst ist, ist es nicht zu gravierenden Störungen gekommen.

Aus diesem Grund ist es für uns vertretbar, diese Regelung im Versammlungsgesetz zu streichen.

Zu einer lebendigen Demokratie gehört eine aktive Zivilgesellschaft, die ihre Meinungen und Haltungen auch in Versammlungen und Kundgebungen ausdrückt. Daher hatten wir im Koalitionsvertrag beschlossen und den Mut dazu, das Versammlungsrecht bürgerfreundlicher und transparenter zu gestalten. Das neue Niedersächsische Versammlungsgesetz schafft genau diese Bürgerfreundlichkeit und das im Einklang mit der Prämisse, ein hohes Maß an Sicherheit für die Bevölkerung zu gewährleisten.

Ich bitte Sie daher, dem vorliegenden Gesetzentwurf zuzustimmen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


Herausgeber: Nds. Ministerium für Inneres und Sport