Legge Brambilla – Italien verschärft Tierschutz ab 01. Juli 2025 – Neue Gesetze mit Signalwirkung, aber nicht ohne Kritik – Rom – In Italien ist am 1. Juli 2025 ein neues Tierschutzgesetz in Kraft getreten, das viele als historischen Wendepunkt feiern: Tiere gelten nun nicht mehr als bloße Objekte menschlichen Mitgefühls, sondern als Rechtssubjekte – mit eigenen Rechten, die gesetzlich geschützt und verteidigt werden können.
Die neue „Legge Brambilla“, benannt nach der langjährigen Tierschutzaktivistin und Abgeordneten Michela Vittoria Brambilla, verschärft die Strafen für Tierquälerei und setzt neue Standards im Umgang mit Haustieren. Doch das Gesetz stößt auch auf Kritik – besonders aus den Reihen der Tierschutzorganisationen.

Härtere Strafen für Tierquälerei
Die zentralen Neuerungen des Gesetzes zielen auf einen konsequenten Schutz von Haustieren wie Hunden, Katzen und Kleintieren ab. Tierquälerei kann künftig mit bis zu vier Jahren Haft und bis zu 60.000 Euro Geldstrafe geahndet werden – eine Verdopplung der bisherigen Strafandrohung. Auch wer Tiere grob vernachlässigt oder sie in schlechten Verhältnissen hält, riskiert nun empfindliche Konsequenzen: Geldstrafen bis 30.000 Euro und Freiheitsentzug bis zwei Jahre sind möglich.
Verbot der Kettenhaltung und Maßnahmen gegen Tierkämpfe
Ein besonderer Fortschritt: Das dauerhafte Anketten von Hunden ist in Italien nun gesetzlich untersagt. Wer dagegen verstößt, muss mit Bußgeldern zwischen 500 und 5.000 Euro rechnen. Auch gegen illegale Tierkämpfe geht das neue Gesetz entschieden vor. Organisatoren können mit bis zu vier Jahren Haft und Strafen von bis zu 160.000 Euro belangt werden.
Darüber hinaus führt das Gesetz Strafverschärfungen ein, wenn Tierquälerei im Beisein von Minderjährigen stattfindet oder Videos solcher Handlungen im Internet verbreitet werden. Verfahren können nun auch ohne Anzeige des Tierhalters von Amts wegen eingeleitet werden – ein weiterer Schritt hin zu einem aktiven Tierschutz durch staatliche Organe.
Schutz für beschlagnahmte Tiere und Maßnahmen gegen Welpenhandel
Tiere, die im Rahmen von Ermittlungen beschlagnahmt werden, dürfen künftig nicht mehr getötet, sondern müssen an Tierschutzorganisationen übergeben werden. Zudem wird der illegale Welpenhandel strafrechtlich schärfer verfolgt: Bis zu 18 Monate Haft und Geldstrafen bis 30.000 Euro sollen den organisierten Welpenimport eindämmen.
Rechtssubjekt statt Mitleidsobjekt
Mit dem neuen Gesetz erkennt Italien Tiere ausdrücklich als „Subjekte des Rechts“ an – sie sind damit keine bloßen Gegenstände mehr, sondern fühlende Lebewesen mit einem grundrechtlich verankerten Anspruch auf Schutz. Dieser Paradigmenwechsel wird von vielen Jurist:innen und Ethiker:innen als Meilenstein gewertet.
Kritik: Wild- und Nutztiere bleiben außen vor
Trotz aller Fortschritte bleibt das Gesetz hinter den Erwartungen vieler Tierschutzorganisationen zurück. Wildtiere sind nur in bestimmten Fällen geschützt – etwa wenn sie illegal gefangen, gehalten oder gehandelt werden. Traditionelle Jagden, kulturelle Veranstaltungen mit Tierbeteiligung oder die Zurschaustellung von Wildtieren in bestimmten Kontexten bleiben weiterhin erlaubt.
Nutztiere in der industriellen Massentierhaltung profitieren praktisch gar nicht vom neuen Schutzrahmen. Die Bedingungen in der Intensivtierhaltung, die von vielen als systemisches Tierleid kritisiert werden, bleiben rechtlich unangetastet. Vorschläge zur Begrenzung von Haltungsdichten, Schlachttransportzeiten oder zur Einführung unabhängiger Kontrollen wurden nicht ins Gesetz aufgenommen.
Verfassungsbeschwerde gegen Massentierhaltung geplant
Tierschutzgruppen haben angekündigt, vor dem Verfassungsgericht zu klagen. Sie wollen prüfen lassen, ob die Praxis der industriellen Tierhaltung mit dem neuen Tierschutzverständnis, dem Status des Tieres als Rechtssubjekt und dem in der italienischen Verfassung verankerten Schutzauftrag für Tiere vereinbar ist.
Legge Brambilla Fazit: Ein großer Schritt mit blinden Flecken
Die neue „Legge Brambilla“ ist ein wichtiger Fortschritt im Kampf gegen Tierleid – vor allem im Bereich der Haustierhaltung. Sie sendet ein starkes Signal: Tiere sind keine Sache, sondern schutzwürdige Mitgeschöpfe. Doch der Schutz endet dort, wo er am dringendsten wäre – in Ställen, Mastanlagen und auf Transportwegen. Italien geht einen mutigen Schritt, aber das Ziel eines umfassenden Tierschutzes für alle Tiere bleibt vorerst unerreicht. (hk)