Leben im Abseits e.V. Hamburg – In einer Stadt, die für ihren Hafen, ihre kulturelle Vielfalt und die Reeperbahn berühmt ist, leben gleichzeitig Tausende Menschen am Rand der Gesellschaft – wohnungslos, unsichtbar, oft vergessen. Der Hamburger Verein Leben im Abseits e.V. setzt genau hier an. Mit Engagement, Aufklärung und konkreter Hilfe will er Obdachlosen nicht nur ein Gesicht, sondern auch eine Perspektive geben.
Ein Verein mit Haltung und Herz
Gegründet im Jahr 2017, verfolgt Leben im Abseits e.V. ein klares Ziel: Aufklären, unterstützen und sensibilisieren. Die Initiatoren wollten nicht länger zusehen, wie Menschen am Rand der Gesellschaft übersehen werden. Statt bloßer Symptombekämpfung geht es um nachhaltige Veränderung – mit Projekten, die mitten ins Herz treffen.
Der Verein ist aktiv in Bildungseinrichtungen, organisiert Vorträge, Workshops und Gesprächsrunden. Durch öffentliche Aktionen macht er auf die Lebensrealitäten obdachloser Menschen aufmerksam. Ein eigens eingerichteter Sozialfonds hilft Betroffenen unbürokratisch – zum Beispiel mit Kleidung, medizinischer Unterstützung oder beim Übergang in ein geregeltes Leben.
Geschichten, die bewegen
Ein zentraler Bestandteil der Vereinsarbeit ist die Sichtbarmachung individueller Schicksale. In Zusammenarbeit mit der Hamburger Autorin Susanne Groth entstand das Buch „Abseits – Vom Leben am Rande der Gesellschaft“. Es porträtiert Menschen auf der Straße – schonungslos ehrlich, aber mit Respekt und Würde. Die eindrucksvollen Interviews und Fotos geben Einblick in ein Leben, das oft in der Dunkelheit stattfindet.
Leben im Abseits e.V.: Abschied von Inge – der Königin der Reeperbahn
Ein bewegender Moment für viele Hamburgerinnen und Hamburger war der Tod von Inge, bekannt als die „Königin der Reeperbahn“. Am 23. März 2025 verstarb sie im Alter von 64 Jahren. Jahrzehntelang lebte sie obdachlos auf dem Kiez – eine Frau mit Ecken und Kanten, geliebt und geachtet für ihre Ehrlichkeit und Präsenz. Ihr Stammplatz auf der Reeperbahn wurde zum Symbol für ein Leben im Schatten des Lichts.
Leben im Abseits e.V. erinnerte in einem Nachruf an eine „Kämpferin, die nie aufgab“. Inge wurde durch TV-Dokumentationen bundesweit bekannt und blieb trotz allem immer sich selbst treu. Ihr Tod hat eine Lücke hinterlassen – und zugleich ein Schlaglicht auf die Lebenswirklichkeit vieler anderer geworfen.
Vom Leben auf der Straße zum Stadtführer
Doch es gibt auch Hoffnungsgeschichten. Chris ist einer von ihnen. Sieben Jahre lang lebte er obdachlos in Hamburg, kämpfte mit Alkohol, Depressionen und dem Verlust seiner Würde. Heute arbeitet er als Stadtführer beim Straßenmagazin Hinz&Kunzt. Seine Touren zeigen das Hamburg der Unsichtbaren – mit persönlichen Erlebnissen, ehrlichen Eindrücken und viel Mut.
Chris ist zum Botschafter einer Realität geworden, die viele lieber ignorieren würden. Seine Führungen sensibilisieren und berühren – sie machen deutlich, wie schnell man in die Obdachlosigkeit geraten kann, aber auch, dass es Wege zurück gibt.
Niemand ist freiwillig obdachlos
Der Verein Leben im Abseits e.V. zeigt mit seinem Wirken, wie wichtig Empathie, Sichtbarkeit und Unterstützung sind. Ob durch Bildung, Soforthilfe oder das Erzählen von Geschichten – der Verein setzt sich unermüdlich für jene ein, die zu oft übersehen werden. Denn eines ist klar: Niemand ist freiwillig obdachlos. Und jeder Mensch verdient eine zweite Chance (hk).