OSNABRÜCK (NI) – Gerade im Stadtgebiet von Osnabrück kommt es immer wieder vor, dass Bomben aus dem Zweiten Weltkrieg geräumt werden müssen. Dies ist regelmäßig mit hohen Kosten verbunden. Wer aber muss für diese Kosten aufkommen, wenn sich nachträglich herausstellt, dass von der beseitigten Bombe gar keine Gefahr ausging?
Über einen solchen Fall hatte die 5. Zivilkammer des Landgerichts Osnabrück zu entscheiden. Aufgrund von Lichtbildern über Bombenabwürfe bestand der Verdacht, dass auf dem Grundstück einer Eissporthalle in Osnabrück zwei Blindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg liegen könnten. Als zuständige Gefahrenabwehrbehörde wandte sich die Stadt Osnabrück in Zusammenarbeit mit dem Kampfmittelbeseitigungsdienst an die Betreibergesellschaft der Eissporthalle. Auf der Eisfläche wurden an zwei Verdachtsstellen jeweils 19 Bohrungen vorgenommen. Nach Ortung eines Metallgegenstandes wurde ein 4 x 2 großes Loch auf der Eislauffläche gegraben. Es stellte sich heraus, dass es sich bei dem Metallgegenstand um einen sog. „Zerscheller“ handelte, also einer Bombe, die beim Aufprall zerbrochen und allenfalls teilweise detoniert ist. Der Zünder war vom Bombenkörper abgetrennt.
Mit ihrer Klage nahm die Stadt Osnabrück die Betreibergesellschaft der Eissporthalle als Beklagte auf Zahlung von Erbbauzinsen in Anspruch. Diesem Anspruch setzte die Beklagte Gegenforderungen in Höhe von 88.488,- EUR entgegen. Diese Kosten seien nach der Bombenräumung angefallen, um den ursprünglichen Zustand der Eisfläche wieder herzustellen.
Nach dem heute verkündeten Urteil (Az. 5 O 2410/17) muss sich die Stadt auf ihre Erbbauzinsen eine Gegenforderung in Höhe von 18.570,96 EUR anrechnen lassen. In dieser Höhe sei der geltend gemachte Anspruch durch Aufrechnung erloschen. Darüber hinaus gehende Ansprüche der Betreibergesellschaft der Eissporthalle seien aber verjährt.
Der Beklagten stehe ein Entschädigungsanspruch in Höhe von 18.570,96 EUR zu. Wenn sich ein ursprünglich bestehender Gefahrenverdacht nach Durchführung der Gefahrerforschungsmaßnahme nicht bestätige, könne der sog. Verdachtsstörer für dadurch erlittene Nachteile Entschädigung verlangen. Der Verdachtsstörer erbringe ein Sonderopfer für die Allgemeinheit, um die vermeintliche Gefahr zu beseitigen. Dieses Sonderopfer müsse durch Zubilligung eines Entschädigungsanspruchs ausgeglichen werden. Der in § 80 des Niedersächsischen Gesetzes über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (Nds. SOG) geregelte Entschädigungsanspruch erfasse den Verdachtsstörer von seinem Wortlaut her zwar nicht. Allerdings weise das Landesrecht Niedersachsens insoweit eine planwidrige Regelungslücke auf, weswegen die Vorschrift auch auf den Verdachtsstörer analog anzuwenden sei. Gleiches habe der Bundesgerichtshof bereits für das Landesrecht Nordrhein-Westfalens anerkannt.
Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig.
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Dr. Katrin Höcherl
– Pressestelle-
Landgericht Osnabrück
Neumarkt 2
49074 Osnabrück