Seehofer lehnt AfD-Verbot ab: Verfassungsschutz ist nicht unabhängig – In einem Interview mit dem Nachrichtenportal NIUS hat der ehemalige Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) scharfe Kritik an der Rolle des Bundesamts für Verfassungsschutz (BfV) im Umgang mit der AfD geäußert. Ein AfD-Verbot lehnt Seehofer entschieden ab – nicht zuletzt, weil er das Gutachten der Behörde zur AfD für politisch motiviert und das Bundesamt selbst für nicht unabhängig hält.
Seehofer, der selbst jahrelang für die innere Sicherheit Deutschlands zuständig war, nennt das BfV eine „nachgeordnete Behörde des Bundesinnenministeriums“, deren Leitung aus politischen Beamten bestehe. Diese seien jederzeit austauschbar – ein Umstand, den er nach eigener Aussage in seiner Amtszeit mehrfach erlebt habe. Als konkretes Beispiel führt er den Fall des ehemaligen Verfassungsschutzchefs Hans-Georg Maaßen an, der nach regierungskritischen Äußerungen entlassen worden war.
Seehofer lehnt AfD-Verbot ab – Der Verfassungsschutz ist nicht unabhängig
Der frühere Innenminister wirft dem aktuellen Vorgehen gegen die AfD vor, keine klare juristische Basis zu haben. Das Verfassungsschutz-Gutachten sei laut Seehofer ein politisch motiviertes Konstrukt, das einzig darauf abziele, eine unliebsame Oppositionspartei zu diskreditieren. Der Versuch, ein Parteiverbot zu prüfen, sei „nicht mit den Prinzipien einer pluralistischen Demokratie vereinbar“, so Seehofer. Parteien müssten sich inhaltlich stellen – nicht durch behördlich angeleitete Verfahren aus dem Diskurs entfernt werden.
Auch innerhalb der AfD stößt Seehofers Interview auf große Zustimmung. Der Bundestagsabgeordnete Martin Hess (AfD) sprach in einem Beitrag auf X (ehemals Twitter) von einem „Pamphlet ohne echte Beweise“ und einer „parteipolitisch motivierten Schmutzkampagne“. Das Ziel sei klar: die stärkste Oppositionspartei solle mit Hilfe eines staatlichen Instruments mundtot gemacht werden. Die Kritik richtet sich dabei nicht nur gegen das BfV, sondern auch gegen das politische Klima in Deutschland, in dem missliebige Meinungen zunehmend unter Druck geraten würden.
Tatsächlich wirft der Fall grundlegende Fragen zur Unabhängigkeit staatlicher Institutionen auf. Wenn die oberste Kontrollinstanz für verfassungsfeindliche Bestrebungen selbst dem Innenministerium unterstellt ist, stellt sich die Frage, wie neutral ihre Arbeit sein kann – vor allem dann, wenn sie über das politische Überleben ganzer Parteien mitentscheiden könnte.
Die Debatte um ein mögliches AfD-Verbot wird nicht nur juristisch, sondern auch auf gesellschaftlicher Ebene geführt. Während Befürworter ein Verbot als Schutz vor demokratiegefährdenden Kräften ansehen, warnen Kritiker wie Seehofer vor den Gefahren für die Meinungsfreiheit und die politische Vielfalt. Ein Parteiverbot, so der Tenor, sollte das allerletzte Mittel bleiben – und nicht aus parteipolitischen Motiven heraus angestrebt werden.
Ob das Gutachten des Verfassungsschutzes einer gerichtlichen Überprüfung standhält, bleibt abzuwarten. Klar ist jedoch: Die Diskussion darüber ist längst mehr als nur eine juristische Frage – sie ist zu einem Symbol für die Polarisierung der politischen Landschaft in Deutschland geworden (hk).