Am 12. Juni 1987 schrieb US-Präsident Ronald Reagan Geschichte – mit einer einzigen, kraftvollen Botschaft: „Mr. Gorbachev, tear down this wall!“ Vor dem Brandenburger Tor in West-Berlin richtete er diese Worte an den Generalsekretär der Sowjetunion, Michail Gorbatschow. Sie wurden zu einem der markantesten Zitate des Kalten Krieges und gelten bis heute als Symbol für den Freiheitswillen einer geteilten Nation.
Ein Moment mit Symbolkraft
Berlin feierte in jenem Sommer sein 750-jähriges Stadtjubiläum. Vor dieser Kulisse trat Reagan ans Rednerpult – mit Blick auf die Berliner Mauer, die West- und Ostdeutschland seit 1961 brutal voneinander trennte. Der US-Präsident war bereits zum zweiten Mal in Berlin, doch dieses Mal war seine Botschaft klarer denn je: ein unmissverständlicher Aufruf an die Sowjetführung, das Bollwerk der Teilung niederzureißen.
Mit Sätzen wie:
„Generalsekretär Gorbatschow, wenn Sie Frieden wollen, wenn Sie Wohlstand für die Sowjetunion und Osteuropa wollen […] kommen Sie hierher zu diesem Tor! Mr. Gorbachev, open this gate! Mr. Gorbachev, tear down this wall!“
traf Reagan den Nerv der Zeit. Die Welt hörte hin. Millionen Menschen sahen die Rede im Fernsehen oder lasen am nächsten Tag in den Zeitungen davon. Sie wurde zum Symbol des wachsenden Drucks auf die DDR-Führung und der Hoffnung der Menschen auf ein geeintes Deutschland.
Hinter den Kulissen: Ein umstrittenes Statement
Dass diese ikonischen Worte überhaupt ihren Weg in die Rede fanden, war keineswegs selbstverständlich. Innerhalb der US-Regierung war man gespalten: Einige Berater hielten die Passage für zu provokant und rieten Reagan, sie zu streichen. Doch der Präsident bestand darauf – unterstützt von seinem Redenschreiber Peter Robinson, der sie ursprünglich eingefügt hatte.
Reagan wollte ein Zeichen setzen. Kein diplomatisches Floskelfeuerwerk, sondern eine klare, unmissverständliche Ansage an Moskau – in der Hoffnung, dass Reformbewegungen wie Glasnost und Perestroika tatsächlich den Weg zur Freiheit ebnen würden.
Politische Wirkung – Symbol statt Auslöser
Obwohl Reagans Rede nicht der direkte Auslöser für den Fall der Mauer war – dieser ereignete sich erst am 9. November 1989 – bleibt sie ein bedeutsamer Meilenstein. Sie befeuerte den Freiheitsgedanken, ermutigte Reformkräfte und verlieh den Stimmen des Protests neue Kraft. Dass der Aufruf ausgerechnet in Berlin ertönte, unterstrich die besondere Rolle der geteilten Stadt im Ost-West-Konflikt.
Historiker betonen dennoch, dass vor allem der wachsende Druck innerhalb der DDR, die wirtschaftlichen Probleme des Ostblocks und die Reformpolitik Gorbatschows selbst zur Öffnung der Grenzen führten. Reagan setzte den Ton – doch es waren die Menschen in Ostdeutschland, die den entscheidenden Druck aufbauten.
Das Vermächtnis der Worte
Heute gilt Reagans Rede als rhetorisches Meisterwerk und als prägender Moment amerikanischer Außenpolitik. Sie ist in zahlreichen Geschichtsbüchern dokumentiert, wird in Museen zitiert – etwa in der Reagan Presidential Library oder im AlliiertenMuseum in Berlin – und hat einen festen Platz im kollektiven Gedächtnis des Kalten Krieges.
Die vier Worte „Tear down this wall“ stehen sinnbildlich für den Mut, politische Wahrheiten auszusprechen – auch wenn sie unbequem sind. Sie erinnern daran, dass Freiheit kein Zustand ist, sondern ein Ziel, für das es sich zu kämpfen lohnt.
Fazit
Am 12. Juni 1987 sprach Ronald Reagan nicht nur zu Berlin – er sprach zur ganzen Welt. Seine Worte waren ein Appell an die Menschlichkeit, an die Vernunft und an die gemeinsame Zukunft. Sie lösten die Mauer nicht aus der Verankerung – aber sie rüttelten an ihr. Und das war mehr, als viele zu hoffen gewagt hatten (hk).