Parteiverbot gegen die AfD? Ein gefährlicher Irrweg der Demokratie – Hamburg – Kaum ist die neue INSA-Umfrage aus Sachsen-Anhalt veröffentlicht, in der die AfD auf ein historisches Rekordhoch von 40 Prozent klettert, flammt in Politik und Medien erneut eine alte Diskussion auf: Sollte man die AfD verbieten?
Ein Gedanke, der auf den ersten Blick konsequent erscheinen mag – auf den zweiten aber an der Substanz der Demokratie kratzt.
Wenn der politische Wettbewerb durch Angst ersetzt wird
Ein Parteiverbot ist das schärfste Schwert, das das Grundgesetz kennt. Nach Artikel 21 Absatz 2 GG darf eine Partei nur dann verboten werden, wenn sie „darauf ausgeht, die freiheitlich-demokratische Grundordnung zu beseitigen“. Darüber entscheidet ausschließlich das Bundesverfassungsgericht, und die Hürden sind bewusst enorm hoch.
In der Geschichte der Bundesrepublik wurde dieses Mittel bislang nur zweimal erfolgreich angewendet: gegen die SRP (1952) und die KPD (1956) – beide offen verfassungsfeindlich, beide marginale Splitterparteien ohne nennenswerte Wählerbasis.
Doch nun steht eine Partei im Fokus, die in einem ganzen Bundesland nahezu jeden zweiten Wähler hinter sich vereint. Kann man ernsthaft daran denken, eine Partei mit solchen Zahlen zu verbieten – und damit Millionen Menschen faktisch zu entrechten?
Demokratie lebt von Auseinandersetzung – nicht von Ausgrenzung
Der Versuch, eine Partei wie die AfD juristisch zu bekämpfen, ist politisch brandgefährlich. Er verschiebt die Auseinandersetzung von der inhaltlichen Ebene in den Gerichtssaal – und nährt genau jene Erzählung, die die AfD selbst seit Jahren propagiert:
dass sie die einzige verbliebene Stimme gegen ein angeblich „gleichgeschaltetes System“ sei.
Ein Verbot würde diese Rolle nur stärken.
Es würde die Partei zur Märtyrerin machen – und die Unzufriedenheit, die sie nährt, keineswegs beseitigen.
Stattdessen würde sie unter der Oberfläche weiter brodeln – gefährlicher, radikaler und ohne demokratische Kontrolle.
Warum die Hürden so hoch sind
Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts im Fall NPD (2017) liefert die Richtschnur:
Ja, die NPD verfolge verfassungsfeindliche Ziele – aber sie sei nicht in der Lage, die Demokratie real zu gefährden.
Ein Verbot dürfe kein Gesinnungsurteil sein, sondern müsse sich auf konkrete, nachweisbare Gefährdung stützen.
Übertragen auf die AfD bedeutet das:
So lange sie an Wahlen teilnimmt, Parlamente respektiert und keine bewaffneten Strukturen oder Umsturzpläne verfolgt, wäre ein Verbot juristisch nicht haltbar. Einzelne radikale Äußerungen oder fragwürdige Parteiflügel reichen dafür nicht aus.
Das Parteienprivileg schützt ausdrücklich auch unbequeme oder populistische Positionen – solange sie im Rahmen der Verfassung bleiben. Das ist gelebte Demokratie.
Ein Verbot als politisches Eigentor
Wer versucht, eine starke Oppositionspartei per Gerichtsbeschluss zu eliminieren, untergräbt das Vertrauen in das System.
Viele Bürger würden ein solches Vorgehen nicht als Schutz der Demokratie, sondern als Beweis ihrer Schwäche interpretieren.
Ein Parteiverbot wäre daher nicht das Ende des Problems, sondern der Beginn einer gefährlichen Spirale:
Aus Protest würde Widerstand – aus Wut vielleicht Radikalisierung.
Die Geschichte zeigt: Unterdrückte Bewegungen verschwinden nicht, sie verfestigen sich.
Politik braucht Mut, nicht Moralkeulen
Wenn eine Partei 40 Prozent der Menschen in einem Bundesland überzeugt, dann ist das kein juristisches Problem, sondern ein gesellschaftliches Signal.
Es zeigt, dass sich ein großer Teil der Bevölkerung von den etablierten Parteien nicht mehr vertreten fühlt.
Anstatt mit Verboten zu drohen, müssten Politik und Medien den Mut aufbringen, die Ursachen zu verstehen:
steigende Preise, Migration, Identitätsverlust, Vertrauenskrise.
Solange man diese Sorgen als „rechts“ oder „gefährlich“ abstempelt, wird der Graben zwischen Bürgern und Politik nur tiefer.
Fazit zum Parteiverbot gegen die AfD
Ein Parteiverbot gegen die AfD wäre juristisch höchst fragwürdig und politisch fatal.
Eine Demokratie, die abweichende Meinungen nur noch durch Verbote bekämpft, schwächt sich selbst.
Statt die Opposition zu kriminalisieren, sollte man sich fragen, warum sie so stark geworden ist – und den Menschen endlich wieder zuhören, bevor sie sich endgültig abwenden. (hk)