Presseschau – Kölnische Rundschau: Kirche sollte auf die Klägerin zugehen Kommentar von Raimund Neuß zum Kölner Urteil im Fall Melanie F.

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PresseschauKölnische Rundschau: Kirche sollte auf die Klägerin zugehen Kommentar von Raimund Neuß zum Kölner Urteil im Fall Melanie F. – Köln (ots) – Kein Schadenersatz von der Kirche für die jahrelang von ihrem Pflegevater, einem katholischen Geistlichen, sexuell schwer misshandelte Melanie F: Schon für einen Unbeteiligten ist die Lektüre dieses vom Landgericht Köln gefällten Urteils verstörend. Für die Klägerin selbst geht das Urteil an die Grenzen des Erträglichen, und es birgt Herausforderungen für gleich drei Adressaten.

Erstens für die Anwälte der Klägerin. An einer Feststellung der Zivilkammer kommt man nicht vorbei: Ja, es war ein staatlicher Rechtsakt, durch den Melanie F. ihrem Pflegevater anvertraut, man muss im Ergebnis sagen: ausgeliefert wurde. Was immer auf kirchlicher Seite genehmigt, angeordnet und dann nicht kontrolliert wurde – das zuständige Jugendamt hatte auf das Wohlergehen des Kindes zu achten. Wenn sie sich ausschließlich auf die Kirche fixieren und andere mögliche Verantwortungsträger, hier das Jugendamt, nicht in die Pflicht nehmen, dann handeln Betroffenenanwälte nicht im Interesse ihrer Mandanten. Daraus sollten sie lernen.

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Zweitens muss das Gericht sich selbst kritischen Fragen stellen. Natürlich stimmt es, dass man aus der katholischen Lehre über den sakramentalen Charakter des Priestertums keine unmittelbare zivilrechtliche Haftung der Kirche für alles ableiten kann, was ein Priester tut oder lässt. Im Fall F. war die Kirchenleitung allerdings intensiv mit dem geplanten Pflegeverhältnis befasst, der spätere Missbrauch fand in einem Pfarrhaus statt, der Täter führte das Kind in die Sakramente von Beichte und Kommunion ein und hatte damit auch psychologisch einen enormen Einfluss auf sein Opfer. Ein Nicht-Priester hätte gar nicht so handeln können wie der Missbrauchstäter. Wieso spielt das im ganzen Urteilstext keine Rolle?

Und drittens ist da das Erzbistum Köln. Selbst wenn das Urteil Bestand haben sollte und dem Erzbistum die Nachlässigkeit, die zu Zeiten von Joseph Kardinal Höffner geherrscht hat, zivilrechtlich nicht zur Last gelegt werden kann: Die moralische Schuld kirchlicher Amtsträger ist kaum sinnvoll zu bestreiten. Sie haben nicht näher hingesehen, nachdem das Erzbistum dieses außergewöhnliche Pflegeverhältnis zugelassen hatte.

Die katholische Kirche ist in diesem Fall weit hinter ihren Ansprüchen zurückgeblieben. Sie sollte auf die Klägerin zugehen und ihr Hilfen weit über das hinaus anbieten, was bisher seitens der Unabhängigen Kommission für Anerkennungsleistungen bewilligt wurde.

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Text: Raimund Neuß – Kölnische Rundschau

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