BAMF stellt Papiere aus – doch die Ausreisepflicht wird meist nicht vollzogen – Tausende Passersatzdokumente, ausgestellt vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF), sollen eigentlich dazu dienen, die Rückführung ausreisepflichtiger Personen ohne gültigen Pass zu ermöglichen. Doch die ernüchternde Realität: In der Mehrzahl der Fälle erfolgt trotz ausgestellter Dokumente keine tatsächliche Ausreise.
Allein zwischen 2020 und 2024 stellte das BAMF rund 7.557 solcher Passersatzdokumente aus – etwa 1.500 pro Jahr. Diese werden im Auftrag der Bundesländer erstellt, wenn die betreffenden Personen keinen gültigen Heimatausweis besitzen und eine Rückführung in ihre Herkunftsstaaten ohne entsprechende Papiere unmöglich ist. Dabei unterstützt das BAMF die Länder etwa durch sogenannte Sammelanhörungen, bei denen Vertreter der Herkunftsländer die Identität der Personen feststellen.
Doch laut offiziellen Angaben führt die Ausstellung dieser Ersatzdokumente in mehr als der Hälfte aller Fälle nicht zur Rückkehr. Die Gründe sind vielfältig – und zeigen die strukturellen Schwächen des deutschen Rückführungssystems.
Warum die Rückführung scheitert
In etwa 28 Prozent der Fälle wird während des Identifizierungsverfahrens ein rechtlicher Schutzstatus festgestellt – etwa in Form eines Abschiebungsverbots oder durch die Erteilung eines Aufenthaltstitels. In weiteren 21 Prozent ist der Aufenthaltsort der betroffenen Person schlicht unbekannt – oft bereits seit über zwei Jahren. Auch Fälle, in denen plötzlich doch gültige Heimatreisedokumente auftauchen, machen etwa 12 Prozent aus.
Die Folge: Die ausgestellten Passersatzdokumente bleiben weitgehend wirkungslos. Das führt nicht nur zu unnötigem bürokratischem Aufwand, sondern auch zu einer zunehmenden Frustration in den Ländern – und beim Steuerzahler.
Verzögerungen auch bei freiwilliger Rückkehr
Zusätzlich verschärft wird die Problematik durch organisatorische Engpässe. Seit Anfang 2024 ist nicht mehr die Internationale Organisation für Migration (IOM), sondern das BAMF für die Organisation freiwilliger Ausreisen zuständig. Dies hat vielerorts zu erheblichen Verzögerungen geführt: Statt der früher üblichen zwei bis sechs Wochen müssen Ausreisewillige nun bis zu 15 Wochen oder länger auf eine Entscheidung warten. Einige Bundesländer – etwa Hessen, Sachsen-Anhalt und Niedersachsen – haben reagiert und finanzieren die Rückkehrhilfen aus eigenen Mitteln, weil eine Rückführung oft kostengünstiger ist als der Verbleib der Personen in Deutschland.
Ein System mit strukturellen Schwächen
Die aktuelle Lage offenbart ein grundlegendes Dilemma: Selbst wenn die rechtlichen und administrativen Voraussetzungen für eine Ausreise geschaffen werden, scheitert die Umsetzung häufig an organisatorischen Hürden, mangelnder Kooperation mit den Herkunftsstaaten oder schlicht daran, dass die betroffenen Personen untertauchen.
Der Ruf nach einer effizienteren Abstimmung zwischen Bund, Ländern und internationalen Partnern wird lauter. Denn solange Passersatzdokumente in hoher Zahl ausgestellt, aber nicht genutzt werden, bleibt die Rückführungspolitik ein Papiertiger – wirkungslos, teuer und politisch brisant (hk).
Quelle: Die Welt