Lieferkettengesetz gelockert – CDU/CSU und AfD stimmen gemeinsam: Bruch der Brandmauer? Die Entscheidung im Europaparlament sorgt für erheblichen politischen Wirbel: Das Lieferkettengesetz, jahrelang als zentrales Instrument für Menschenrechte und Umweltstandards in globalen Lieferketten vorgesehen, wurde deutlich abgeschwächt. Die Abstimmung am 13. November erfolgte mit einer breiten Mehrheit – und erstmals mit Stimmen von CDU/CSU und AfD gemeinsam. Genau dieser Punkt entfacht nun die Diskussion über einen möglichen Bruch der sogenannten Brandmauer, die bislang politische Zusammenarbeit mit rechtsgerichteten Kräften ausschließen sollte.
Inhaltlich bedeutet die Entscheidung, dass das Gesetz künftig nur noch für sehr große Unternehmen gilt. Die Schwellenwerte wurden massiv angehoben, sodass zahlreiche internationale und große mittelständische Betriebe nicht mehr unter die strengsten Sorgfaltspflichten fallen. Damit entfällt für viele Firmen auch die Verpflichtung, detaillierte Klimapläne zu erstellen oder Risiken tief in der Lieferkette zu überwachen. Befürworter argumentieren, dies sei ein notwendiger Schritt zur Entbürokratisierung und zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit. Kritiker dagegen warnen, dass Europa seinen moralischen Anspruch verspielt und Verantwortung in die Herkunftsländer zurückverlagert.
Politisch ist jedoch die Konstellation der Stimmen entscheidend. Dass die Unionsparteien und die AfD gemeinsam zur Mehrheit beigetragen haben, sorgt für ein politisches Beben – insbesondere weil die Brandmauer gegenüber Rechtsaußen bislang als unantastbar galt. Die Debatte darüber, ob eine indirekte Zusammenarbeit bereits als Tabubruch zu werten ist, wird in Deutschland und Europa intensiv geführt. Einige sehen darin einen gefährlichen Präzedenzfall, andere halten die Aufregung für übertrieben und verweisen darauf, dass Mehrheiten im Europaparlament oft über Fraktionsgrenzen hinweg zustande kommen.
Für Unternehmen bedeutet die Entscheidung zunächst Entlastung, während Menschenrechts- und Umweltverbände eine klare Schwächung europäischer Standards beklagen. Gleichzeitig steht das Thema noch nicht endgültig fest: Die Mitgliedstaaten und die EU-Kommission müssen im weiteren Verfahren entscheiden, ob diese Abschwächungen bestehen bleiben oder erneut verändert werden. Fest steht: Das Lieferkettengesetz wird Europa noch lange beschäftigen – und die politischen Wellen dieser Abstimmung ebenso. (hk)
Quellen: Reuters, ESG Today, European Newsroom, Corporate Justice, The Fashion Law