Sozialverband VdK: Bevorzugung von Privatversicherten ist bittere Realität
- VdK kritisiert Spitzenverband der Fachärztinnen und Fachärzte
- Verena Bentele: „Viele Kassenärzte verstoßen gegen Sicherstellungsauftrag“
VdK-Präsidentin Verena Bentele reagiert auf eine Äußerung des Spitzenverbands der Fachärztinnen und Fachärzte (SpiFa), wonach Privatversicherte angeblich nicht bei der Terminvergabe bevorzugt werden:
„Wer gesetzlich krankenversichert ist, wartet wesentlich länger auf einen Facharzttermin als Privatversicherte. Diese Erfahrung von Millionen Menschen kann nicht wegdiskutiert werden. Wenn der Spitzenverband Fachärztinnen und Fachärzte (SpiFa) dennoch eine angebliche Bevorzugung von Privatversicherten als Märchen bezeichnet, dann leidet die große Mehrheit der Patientinnen und Patienten offenbar an Wahrnehmungsstörungen. Zuletzt ergab eine Erhebung der Stiftung Warentest, dass 18,6 Prozent der gesetzlich Versicherten bis zu zwei Monate auf einen Facharzttermin warten. Gleichzeitig erhalten 26,1 Prozent der Privatversicherten einen Termin innerhalb einer Woche, bei gesetzlich Versicherten liegt dieser Anteil bei gerade einmal acht Prozent.

Selbst der Virchowbund als Interessenverband der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte hat vorgerechnet, dass Privatpatienten systematisch bevorzugt werden, und begründet dies damit, dass aufgrund der Budgetierung ein Teil der kassenärztlichen Leistungen nicht mehr bezahlt werde. Die Folge dieser Budgetierung sei, dass Arztpraxen den Anteil an Sprechstunden aufstocken, der Privatversicherten zur Verfügung steht. Dadurch kommen sie der gesetzlichen Verpflichtung, 25 Stunden Sprechstunde für gesetzlich Versicherte pro Woche anzubieten, nicht mehr nach. Im Schnitt bieten Facharztpraxen nur 18,75 Wochenstunden für gesetzlich Versicherte an und reservieren die restliche Zeit für Privatversicherte und Selbstzahlerinnen und -zahler. Dieser kleinen Gruppe stehen damit 40 Prozent aller Termine zu. Die Wahrheit ist also: Es gibt kein Märchen der Bevorzugung, sie ist bittere Realität.
Es lohnt sich, mit Nachdruck daran zu erinnern, dass Kassenärztinnen und -ärzte gesetzlich verpflichtet sind, die medizinische Versorgung der gesetzlich Versicherten sicherzustellen. Viele Kassenärztinnen und -ärzte verstoßen gegen diesen Sicherstellungsauftrag und geben dies auch bereitwillig zu. Mit ihrem Kassensitz haben sie Zugang zu 90 Prozent der Versicherten in Deutschland. Der Kassenvertrag bildet das wirtschaftliche Rückgrat der Arztpraxen. Dass darüber hinaus ein kleineres zeitliches Kontingent für die Behandlung von Selbstzahlenden genutzt werden kann, ist für viele Ärztinnen und Ärzte lukrativ. Doch dieser wirtschaftliche Aspekt darf nicht dazu führen, dass Ärztinnen und Ärzte deswegen ihren Sicherstellungsauftrag nicht erfüllen und Privatversicherte bevorzugen.

Wer diese Bevorzugung von Privatpatientinnen und -patienten leugnet, dem mache ich einen Vorschlag: Es könnten großflächig Kontrollen durchgeführt werden, um schwarze Schafe mit saftigen Geldbußen zu belegen.“
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Text: Sozialverband VdK Deutschland e.V.